Dank der Caritas Espana nutze ich einen Besuch in Scutari,
um ein paar unsortierte Eindruecke an Euch zu senden.
Die Erinnerung an P. Michele Auch ohne danach gefragt zu haben: alle, ob jung oder alt, fangen in Begegnungen irgendwann an von ihm zu erzaehlen: von seinem Temperament, von seiner Armut, von seinem Engagement, .... z.B. als ich gestern mit Sr. Aurora durch Gurez unterwegs war, sah ich zu wiederholten Male einen Mann, der offensichtlich mehrfach behindert jeden Tag an der selben Strassenstelle verbringt. "Er war fuer P. Michele einer der wichtigsten Freunde, P. Michele nannte ihn immer den zweiten Jesus." Und unzaehlige andere Erzaehlungen und Ereignisse....
Seit gestern arbeiten wir in Gurez im Magazin der Hilfsgueter mit: Kirche, Kindergarten, Katecheseraeme sind voll davon - und gleichzeitig dadurch blockiert. Gegen Mittag ging ich mit Sr. Aurora und einem Kosovaro in einem LKW raus, um kistenweise Pasta an die aermsten Familien der Pfarrei zu verteilen. So kamen wir auch in eines der aermlichsten albanischen Viertel - keine Kosovari also! Schnell war der LKW umringt von Frauen, Kindern und Maennern. Grosses Geschrei, Sr. Aurora wird angefleht, angeschrien, angepackt und ihr Ton selber wird auch immer lauter. Schliesslich passiert es: Als wir abfahren wollen, springt der Kosovaro aus dem Laderaum raus nach vorne in den LKW mit deutlichen Zeichen, dass er die Lage nicht mehr unter Kontrolle hat: Waehrend der Fahrt waren einige Frauen und Maenner in den LKW gesprungen und damit begonnen, Kartons rauszuholen. Einige sehen wir noch mit Pasta-Kartons verschwinden, andere koennen wir festhalten, damit auch fuer andere Familien noch etwas bleibt.... Einer anderen Gruppe, die mit einem Traktor unterwegs war, erging es noch schlechter. Ihnen wurde die gesamte Ladung gestohlen. Schlecht fuer die Familien, zu denen sie nicht mehr kamen....
Am Abend in der Messe um sechs Uhr sehe ich einen ca 35jaehrigen Kosovo-albaner mit seiner Familie. Als Behinderter verbringt er den ganzen Tag in einer Art Liegestuhl. Wenn ich daran denke, unter welchen Strapazen die Familie ihren Sohn ueber die Berge bis hierher geschleppt hat, erzittere ich und beim Austeilen der Kommunion frage ich mich, wer eigentlich wem das Brot des Lebens reicht...
Danach dann die Meldungen im Fernsehe ... Man spricht von Frieden. Ich bin erleichtert. Erste Bilder vom Rueckzug der Serben. Draussen vor der Tuer steht Sr. Donata (selber Kosovarin): "Ich glaub nicht an Frieden. Wir haben doch nicht fuer die Autonomie von 1980 gekaempft, sondern fuer unsere Unabhaengigkeit..." Der Graben ist tief....
Heute Herz-Jesu-Fest: Gemeinsam mit P. Civerra in Gurez haben wir die Laudes gebetet. "Profeten der Liebe und Diener der Versoehnung" haetten bestimmt eine schwere Aufgabe in diesem Land, aber mindestens ebenso sehr genau hier eine tiefe Berufung.